Petra Reiter ist Schirmherrin des Münchner Netzwerks Wohnungslosenhilfe
Auf die Notlage von tausenden Wohnungslosen will das "Münchner Netzwerk Wohnungslosenhilfe" aufmerksam machen. Schirmherrin des Bündnisses, das sich gestern mit einer Pressekonferenz erstmals in der Öffentlichkeit präsentierte, ist Petra Reiter, Frau des Münchner Oberbürgermeisters. In dem Netzwerk schließen sich das Evangelische Hilfswerk (EHW), der Katholische Männerfürsorgeverein München e. V. (KMFV), der Sozialdienst katholischer Frauen e. V. München (SkF), der Internationale Bund und der Verein Wohnhilfe e. V. zusammen.
Schirmherrin Petra Reiter möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Wohnungslosigkeit jeden treffen kann. "Das geht oft schneller als man denkt", sagte sie. Wohnungslosigkeit sei eine Abwärtsspirale: "Ohne Wohnung keine Arbeit, ohne Arbeit keine Wohnung." Diesen Kreislauf gelte es zu durchbrechen. Das neue Netzwerk setze sich dafür ein, dass Wohnungslose "einen Weg weg von der Straße" oder aus den Notunterkünften herausfinden.
Nach ihren Besuchen beim Ärztemobil und den Streetworkern vorige Woche habe sie daheim nach den Stunden in der Kälte „zuerst mal ein heißes Bad genommen und sich einen Tee gemacht“. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass es einem so gut gehe, sagte sie. „Nach diesen Eindrücken bin ich sehr demütig heimgegangen.“ Ihr Wunsch: „Ich möchte, dass in einer so wohlhabenden Stadt jeder ein Obdach hat, dass keiner verhungert oder verdurstet und dass keiner friert.“
Rund 550 Menschen machen nach Angaben des Netzwerks derzeit in München "Platte". Doch ohne Wohnung sind viel mehr: "Die Wohnungslosenhilfe betreut in München viele tausend Menschen", sagte Gordon Bürk, Geschäftsführer des EHW. Im bundesweiten Vergleich stehe das System der Münchner Wohnungslosenhilfe sehr gut da. So gebe es ambulante und stationäre Einrichtungen, differenzierte Beratungseinrichtungen, präventive und nachsorgende Angebote. Ein Meilenstein sei auch das Kälteschutzprogramm der Landeshauptstadt: Von 1. November bis 30. April stehen dabei 1.000 Schlafplätze für Menschen aus Osteuropa zur Verfügung, die keinen Anspruch auf Wohnungslosenhilfe haben.
Das Ausmaß der Not in der Landeshauptstadt zeigt die Anzahl der Notunterkünfte: 6.000 Plätze stellt die Kommune bereit, weitere 1.500 stationäre Plätze bietet die Wohnungslosenhilfe. "Die Hauptgründe für Wohnungslosigkeit sind Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung oder Scheidung und Schulden", sagte Gordon Bürk. Wie schnell jemand wieder eine eigene Wohnung findet, hängt vor allem vom Wohnungsmarkt ab – und der sei in München notorisch angespannt. "Wir brauchen einfach mehr bezahlbaren Wohnraum", sagte der EHW-Geschäftsführer.
Besonders bedrückend ist nach Aussage von Ludwig Mittermeier, Vorstand des KMFV, dass es unter den Wohnungslosen auch rund 1.700 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gibt. „Das darf nicht sein. Jedes Kind ist absolut eines zu viel.“ Und Thomas König, Regionalleiter des Internationalen Bundes, ergänzt: „Kinder in der Wohnungslosigkeit drücken offensichtliche Armut aus.“ Sie lebten in einer psychosozial stark belasteten Situation fernab eines positiven Lebensumfeldes. „Um diese Kinder müssen wir uns besonders kümmern, denn das sind auch die künftigen Bürger unserer Stadt.“
Elke Prumbach, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen, wies auf die besondere Notsituation obdachloser Frauen hin. Diese litten oft unter massiven Gewalterfahrungen und „brauchen deshalb einen besonderen Schutzraum“. Zudem sei bei ihnen die „verdeckte Obdachlosigkeit“ stärker: „Sie sind verschämter und unsere Sozialpädagoginnen brauchen länger, um sie ins Hilfesystem zu kriegen.“